Wie ich dank Sportcoaching wieder Lust aufs Fallschirmspringen bekam

Es passierte während meines 49. Sprungs: Meine erste und hoffentlich einzige harte Öffnung am Fallschirm. Nicht nur ein körperlich sehr schmerzhaftes Erlebnis, sondern auch eines das mir vorerst nicht mehr aus dem Kopf gehen sollte.

Ein ganz normaler Tag

Es war ein ganz normaler Samstag an der Dropzone, wir kamen pünktlich zur Mittagspause an. Ausgeschlafen und gestärkt von Inges ausgezeichneter Hausmannskost manifestierte ich mich zusammen mit Patrick für einen 1on1-RW-Sprung. Ein bisschen Bauchfliegen, ein wenig Spaß haben. Nicht mehr und nicht weniger. Das Wochenende frohlockte mit bestem Wetter und ich war guter Dinge ein paar Sprünge machen zu können.

…nicht

Der Exit aus dem Flieger folgte ungelinkt, ich bildete die Base und wartete auf Patricks Anflug. Letztendlich schafften wir es dann doch nicht zueinander zu finden. Wie geplant separierten wir uns, er in Richtung Autobahn und ich in Richtung alte Bundesstraße. Ich beendete meinen Track, schaute auf den Höhenmesser, winkte ab und zog meinen Hilfsschirm. Doch es passierte eine Sekunde lang nichts und ich dachte kurz darüber nach ob ich vielleicht vergessen hatte die Kill-Line scharf zu machen. Sollte dies meine erste Reserve werden?

Bäm!

Ohne Vorwarnung und im Bruchteil einer Sekunde knallte mein Kopf auf meine Brust. Unmittelbar danach schoss er wieder zurück in den Nacken. Ich japste nach Luft und versuchte mich zu orientieren. Immerhin schien ich soweit okay zu sein: Arme und Beine waren beweglich, ich konnte mich umsehen und klar denken. Ich gab ein lautes „Fuck!“ von mir, das kilometerweit hörbar gewesen sein muss. Ich landete zwar unsanft, war aber einfach nur froh wieder auf dem Boden zu sein.

Pause

Zwei Wochen lang war an Springen nicht zu denken, denn die harte Öffnung forderte ihren Tribut: Meine gesamte Muskulatur, von den unteren Rippen bis hoch in den Nacken, fühlte sich an als sein ein Panzer über sie hinweg gerollt. Doch von Tag zu Tag wurde es besser und schon nach zwei Wochen und einem Testflug im Tunnel entschied ich mich wieder aus einem Flugzeug zu springen. Dachte ich zumindest…

Sportcoaching?

Eine Woche vorher schrieb mich Markus an, der mit Rebecca zusammen ebenfalls bei uns springt und von meinem Unfall gehört hatte. Er erzählte mir vom Sport- und Mentalcoaching und bot mir an es einmal auszuprobieren, sofern mein Kopf beim Springen nicht mehr mitspielen würde. Ein Angebot das ich zu dem Zeitpunkt nicht für nötig hielt, aber ich sollte eines besseren belehrt werden.

Wieder vor Ort

Wie immer wurde ich sehr herzlich empfangen, dieses mal gefühlt sogar ein wenig mehr als sonst. Auch ich war froh wieder am Platz zu sein und mein Team und alle anderen Springer wiederzusehen. Doch schon nach kurzer Zeit verschwand das gute Gefühl und der kleinste Gedanke daran, wieder aus einem Flugzeug zu springen, bereitete mir große Sorgen, ließ mich unwohl fühlen machte mich nervös wie nie zuvor. Auch eine kurze Konfrontation zwischen mir und dem Flugzeug, in das ich mich kurzerhand während eines Wetter-Holds setzte, verlief nicht zufriedenstellend. Was war plötzlich mit mir los? Ich erinnerte mich an Markus‘ Angebot, zögerte anfangs aber noch, versuchte mich anderweitig abzulenken – aber nichts half. Danach folgte ein erneutes, kurzes Gespräch mit Markus und intuitiv schien er festgestellt zu haben, dass noch immer etwas nicht in Ordnung ist.

Den Kopf wieder frei bekommen

Dieses mal wollte ich es wissen und stimmte dem Versuch mich zu coachen zu. Wir bestiegen zusammen das Flugzeug, dass aufgrund des Wetter-Holds noch immer in Parkposition stand, und gingen meinen letzten Sprung Sekunde für Sekunde durch. Meine Aufgabe dabei war es, mich auf mein Inneres zu konzentrieren und auf das schlechte Gefühl zu achten, dass mir solch Unbehagen bescherte. Bei jedem Unwohlsein führte Markus mit mir Mental- und Konzentrationsübungen durch. Ich bemerkte wie bestimmte Gefühle, in unterschiedlichen Momenten des durchdachten letzten Sprungs, verschwanden oder sich besserten, aber auch wie sehr einzelne Situation noch an mir nagten. Es waren teils sehr emotionale Phasen die ich während des Coachings durchlief und langsam aber sicher fühlte ich mich immer besser. Nach diesem Coaching war ich über zwei Tatsachen sehr erstaunt: Über mich selbst und über das Coaching – hatte ich mich zuvor doch nie auf so etwas eingelassen. Auch mein allgemeines Gefühl vor Ort verbesserte sich merklich. Die Anspannung und der Stress, die mich den Tag über plagten, wichen der Vorfreude auf den nächsten Sprung.

Mich selbst erkunden

Am kommenden Tag manifestierte ich mich voller Vorfreude für einen Sprung, doch es sollte nicht sein: Zwar ging es mir merklich besser und ich hatte auch wieder Lust aufs Springen, dennoch war ich mehr als nur nervös. Aufgrund der positiven Erfahrung während meines ersten Coachings, entschied ich mich für eine zweite, ausführlichere Runde mit Markus. Zu meinem Erstaunen offenbarten sich währenddessen Dinge, die sich eher unterbewusst und durch frühere Erfahrungen bzw. Einflüsse von außen eingeschlichen hatten. Ohne zu viel erzählen zu wollen war das zweite Coaching somit eher eine Art Selbsterkundung, eine Reise in meine Gefühls- und Gedankenwelt, auf die mich Markus mitnahm – spannend und interessant zugleich!

Mein Fazit

Für mich war das Sport- bzw. Mentalcoaching ein voller Erfolg. Es half mir nicht nur bei der Bewältigung dieser schwierigen Situation, sondern zeigte mir zugleich auch die Gründe für mein Verhalten und Empfinden. Ich kann jedem, der eine solche oder ähnlich schwierige Situation durchlebt hat, nur empfehlen sich einmal mit Markus oder Rebecca zu unterhalten und sich diesem Thema unvoreingenommen zu nähern. Ob es hilft hängt ganz davon ab ob ihr bereit seid, euch mit eurem Innersten auseinanderzusetzen.
Einen Versuch ist es meiner Meinung nach immer wert – es geht schließlich um euer Wohlempfinden und darum den Kopf, dort oben oder wobei auch immer, frei zu haben!
Weitere Informationen zum Coaching erhaltet ihr bei Rebecca und Markus Bauchrowitz.